Begegnungen mit Bob

Fotograf Jasper Doest über seine Arbeit mit dem berühmtesten Flamingo der Welt

Foto: vhs Balingen

Bob lebt auf der Karibikinsel Curaçao und ist der wohl berühmteste Flamingo der Welt. Bekannt gemacht haben ihn die Fotos des niederländischen Fotografen Jasper Doest, der dafür bei den diesjährigen World Press Photo Awards ausgezeichnet wurde. Am 10. Juli war Jasper Doest in der Zehntscheuer zu Gast und erzählte von seinen Begegnungen mit Bob und seinen Artgenossen. 

Die Natur steht im Fokus von Jasper Doests Aufnahmen. Das war schon so, als der Niederländer mit dem Fotografieren begann. Damals war er gerade vier Jahre alt. Seine Eltern hatten ihm eine Kodak geschenkt, und weil der junge Jasper ein schüchterner Typ war, konzentrierte er sich nicht auf Menschen, sondern auf die Natur. Dabei blieb es. Jasper Doest lichtet aber nicht einfach nur Tiere oder Landschaften ab. Mit seinen Bildern will er zeigen, wie wir als Menschen das Leben auf der Erde beeinflussen. Das ist nicht immer schön anzuschauen – und das soll es auch gar nicht sein. Wer Jasper Doests Fotos betrachtet, soll ins Nachdenken kommen. Und so geht es dem niederländischen Fotografen auch nicht um das technisch perfekte Bild, sondern um das, was es aussagt:

»Es geht nicht um Perfektion, es geht um Emotionen.«

Für seine Arbeit reist Jasper Doest rund um den Globus, von einer entlegenen Insel in der Grönlandsee bis ins afrikanische Sambia. In Japan fotografierte er etwa japanische Makaken, deren Dasein als Wildtiere gefährdet ist, weil sie als Showaffen missbraucht werden. Neben erschreckenden Entdeckungen wie diesen erzählte Jasper Doest in der Zehntscheuer aber auch von positiven Begegnungen:

 »Wohin ich auch reise, immer treffe ich auf Leute, die sich um die Natur bemühen.«

Auch ihre Geschichte will Jasper Doest erzählen. Einer dieser Menschen ist seine Cousine Odette Doest. Odette ist Tierärztin auf Curaçao und betreibt dort eine Auffangstation für Wildtiere und eine Stiftung für Naturschutz – die Fundashon Dier en Onderwijs Cariben (FDOC). Zu ihr kam Flamingo Bob, nachdem er in ein Hotelfenster geflogen war und sich schwer verletzt hatte. Odette operierte Bob und nahm ihn bei sich auf. Das Tier wurde zum Familienmitglied. Und es ist nicht das einzige dort. Rund 70 Tiere leben bei Odette im Haus, darunter weitere Flamingos. Hotelfenster, Betonstraßen, verschmutztes Wasser – für sie sind die Karibikinseln ein immer gefährlicher werdender Lebensraum. Odette Doest versucht die Folgen abzumildern, indem sie die Tiere behandelt und therapiert.

Als Jasper Doest seine Cousine besuchte, schlug er ihr vor, für ihre Praxis Fotos von den heimischen Tieren zu machen. Der spätere Star dieser Aufnahmen stolperte nur einen Tag nach Jaspers Ankunft in sein Schlafzimmer – Bob. Der Flamingo wurde Jaspers Muse, wie er sagt. Für seine Fotoserie Meet Bob folgte er dem Tier überallhin. Buchstäblich, denn Bob ist ein neugieriger Vogel und überall dabei: in der Küche, im Auto, in der Schule … Sogar die Toilette wird gelegentlich von ihm inspiziert. Für Jasper Doest bedeutete das einmalige Motive von einem ganz besonderen Flamingoleben. Motive, die ihm in diesem Jahr gleich zwei World Press Photo Awards in der Kategorie Natur einbrachten. Der Preis allein bedeutet Jasper Doest aber nicht so viel, sagt er. Ihm gehe es darum, was er damit bewirken kann. Mit der Auszeichnung konnte er auf die FDOC aufmerksam machen und die Arbeit seiner Cousine mit den Wildtieren unterstützen.

Bob fand schnell viele Fans, aber als Jasper Doest ein Foto von ihm beim Plantschen im Pool auf dem Instagram-Account von National Geographic postete, wurde das Tier zum wohl berühmtesten Flamingo der Welt – und zum „Selfie Bird“. Zahlreiche Besucher aus aller Welt reisten an, um den Vogel zu sehen und sich mit ihm abzulichten. Das brachte eine Menge Rummel für die FDOC, aber auch die Möglichkeit, Spendengelder zu generieren, die die Arbeit der Stiftung unterstützen. Bob wurde zum Tierbotschafter für die FDOC. Damit hat Jasper Doest das erreicht, was ihm so am Herzen liegt: mit seinen Fotos Aufmerksamkeit zu schaffen für diejenigen, die das nicht selbst können.

Und so war auch sein Vortrag in der Zehntscheuer mehr als ein spannender Einblick in seine fotografische Arbeit – die Geschichte von Bob ist auch ein Plädoyer für einen sorgsamen, respektvollen Umgang mit unserer Natur.

Dieser Beitrag stammt von:

Miriam Muschkowski

Miriam Muschkowski ist freie Mitarbeiterin bei der vhs Balingen und gehört zum Social-Media-Team der #wppbl. Als Balinger Gewächs ist sie in der Region bestens vernetzt.

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