„Das World Press Photo des Jahres muss überraschend sein. Einzigartig. Relevant. Es muss im Gedächtnis bleiben“, so die Jury des Wettbewerbs. Diese Anforderungen erfüllt das Siegerbild von John Moore. Er fotografierte die zweijährige Yanela Sanchez, die weinend an der mexikanisch-texanischen Grenze steht, während ihre Mutter von Grenzbeamten durchsucht wird. Das Bild ging um die Welt. Aber wer ist der Mann hinter der Kamera?
Der 51-jährige US-Amerikaner John Moore arbeitet als Fotokorrespondent für die Agentur Getty Images. Sein Beruf führte ihn in 65 Länder – von Nicaragua über Südafrika bis nach Pakistan. Nach den Anschlägen am 11. September 2001 berichtete Moore über die Kriege in Afghanistan und im Irak. Seine Bilder wurden vielfach ausgezeichnet – vier Mal allein von der World Press Photo Foundation. 2005 wählte die Jury seine Aufnahme eines Häftlings im Gefängnis Abu Ghraib aus. Als Teil eines Teams von Associated Press erhielt Moore im selben Jahr den renommierten Pulitzer Preis.
Drei Jahre später war er vor Ort, als eine Bombe Pakistans Premierministerin Benazir Bhutto tötete. Geistesgegenwärtig hielt er die Explosion im Bild fest. „Es vergingen 18 Sekunden zwischen meinem ersten Bild, auf dem Bhutto aus ihrem Auto heraus noch der Menge zuwinkt, und der Explosion“, berichtete der Fotograf später. Für seinen Einsatz wurde er mit seiner zweiten World-Press-Photo-Auszeichnung geehrt. Nach der Rückkehr in die USA im Jahr 2008 widmete Moore sich besonders der Dokumentation der Einwanderungspolitik. Seine Motivation?
„Ich möchte den öffentlichen Blick auf das Thema menschlicher gestalten. Die Öffentlichkeit neigt dazu, Flucht und Migration in Statistiken abzuhandeln. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass hinter jeder Zahl immer auch unzählige Einzelschicksale stecken.“
John Moore hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Finger in die Wunde zu legen. Von Anfang an dokumentierte er Ereignisse, die die Welt bewegen – und schafft es mit jedem Bild, den Menschen hinter den Zahlen eine Stimme zu geben. Dank seines Einsatzes kennt die ganze Welt nun auch das Schicksal von Yanela Sanchez, dem kleinen Mädchen auf dem Weltpressefoto des Jahres 2019.
- Über die Hintergründe des Siegerbildes und die Begründung der Jury schreiben wir in diesem Artikel.
- Am 3. Juli diskutieren wir in der Stadthalle Balingen zum Thema „Leid, Gewalt und Tod statt heile Welt? Was dürfen und was müssen Medien zeigen?“